Schulen in der Urheberrechtsfalle

(Piratenpartei Sachsen) Mit dem Schuljahr 2011/2012 wird eine vertragliche Regelung wirksam, nach der die Länder den Schulbuchverlagen die Möglichkeit einräumen müssen, auf Schulrechnern Software zu installieren, die nach Plagiaten sucht. Weiter werden die Länder verpflichtet, disziplinarisch gegen Urheberrechtsverstöße von Lehrern vorzugehen. Die Piratenpartei kritisiert diesen Vertrauensbruch zwischen Land und Lehrerschaft und fordert eine Umstellung auf Lehrmaterialien unter freien Lizenzen.

“Durch den Vertrag werden Lehrer unter Generalverdacht gestellt; ohne Not werden in diesem Disziplinarmaßnahmen zusätzlich zu den existierenden Möglichkeiten nach Zivil- und Strafrecht gefordert. Dies führt im Endeffekt dazu, dass sich Schulleitungen zweimal überlegen Computer für den Unterrichtseinsatz vorzuhalten”, mahnt Andreas Romeyke, Landesvorsitzender der Piratenpartei Sachsen, an.

Die Verlage werden ermächtigt, mithilfe eines Plagiatsscanners die Festplatten der Rechner von mindestens ein Prozent der Schulen jährlich durchsuchen zu lassen. Was bei einem vermeintlichen Fund auf der Festplatte geschieht, ist unklar: Was erfährt der Verlag und wie werden diese Daten übermittelt? Wer darf Daten löschen? Kann gar die komplette Festplatte beschlagnahmt werden? Welche disziplinar- und zivilrechtlichen Konsequenzen hat dies für betroffene Lehrkräfte? “Schule stellt einen sozialen Raum für die Lehrenden und die Lernenden dar. Maßnahmen, wie die Haftung auf Schulleitung und Lehrende auszulagern, können sowohl das Vertrauensverhältnis innerhalb des Lehrerkollegiums, als auch das der Schüler zu den Lehrkräften nachhaltig stören”, so Matthias Stein, bildungspolitischer Sprecher der Piratenpartei Sachsen.

Die Piratenpartei fordert eine generelle Verwendung von Lehrmitteln unter freien Lizenzen. Diese Lizenzen ermöglichen eine weitgehend freie Nutzung von Inhalten. Andreas Romeyke dazu: “Gute Lehrer verwenden vorgefertigte Unterrichtsmaterialien nicht einfach so, sondern passen diese an die Belange ihrer Schüler an. Die im Vertragswerk festgelegten Einschränkungen werden darauf hinauslaufen, dass der Unterricht verarmt oder sich gute Lehrer den freien Alternativen, z. B. Lehrmaterialien unter Creative Commons (wikibooks) zuwenden. Freier Zugang zu Bildung und Wissen muss Vorrang vor kommerzieller Verwertung haben.”

Die Regelung wurde im Rahmen des Gesamtvertrags zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 Urheberrechtsgesetz (UrhG) zwischen den Bundesländern, den VGn Wort und Musikedition (Zentralstelle Fotokopieren an Schulen, ZFS), sowie den Verlagen, vertreten durch den VdS Bildungsmedien e.V., geschlossen. Darin verpflichten sich die Länder weiter dazu, für Kopien kleiner Teile von Büchern, Zeitschriften und sonstigen Texten und für Notenblätter von Musikstücken für die Jahre 2011 bis 2014 insgesamt 32,6 Mio. Euro zu zahlen. Diese Kosten sind eine Form von Bildungsgebühren und schränken den Zugang zu Bildung ein. Auch deshalb lehnt die Piratenpartei den Vertrag ab.

Update 2011-11-1

Sehr lesenswerter Blogbeitrag eines Lehrers ist unter http://herrlarbig.de/de/2011/11/01/betreff-schultrojaner-liebe-schulbuchverlage/ zu finden. Anfragen an das Sächsische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, an die  Gewerkschaft  Erziehung und Wissenschaft, an den Landeselternrat und an den Landesschülerrat sind draußen.

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